Ein kleines Haus in neuem Gewand

1. Oktober 2019

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Die gelungene Umgestaltung eines Landhauses in der Nähe von Göttingen durch K17 Steingräber Architekten arbeitet mit der Vergangenheit des Gebäudes und blickt gleichzeitig in die Zukunft.

Das Objekt B11 befindet sich am Rande eines Waldes in der Nähe von Göttingen in Niedersachsen. Es handelt sich um ein renoviertes, 110 m² großes Einfamilienhaus, das von K17 Steingräber Architekten entworfen wurde. Das ursprünglich in den 1950er Jahren erbaute Fachwerkhaus befand sich in einem schlechten Zustand, als es von einem Theaterregisseur, der sich aufs Land zurückziehen wollte, gekauft wurde. Sowohl für den Architekten als auch für den Kunden wurde schnell klar, dass das zweistöckige Gebäude „geöffnet“ werden musste, um die Umgebung besser einzubeziehen und um seine historische Vergangenheit anzuerkennen statt sie wegzuretuschieren.

Der erste Schritt war der Abriss eines unschönen Anbaus, der räumlich und ästhetisch wenig für das Haus tat. Als nächstes wurden die minderwertige Außenverkleidung und die Betondachziegel entfernt, wodurch der ursprüngliche Holzrahmen freigelegt wurde. Letzterer umfasst Bauteile aus einem älteren Stall, die aus Kostengründen und Materialengpässen wiederverwendet wurden. Die Wände und das Dach des Hauses wurden mit dunkelgrauen Faserzement-Wellplatten auf 200 mm dicker Hochleistungsdämmung neu verkleidet.

Die Giebelenden dagegen sind mit senkrecht verlegten Lärchenbrettern verkleidet. Laut Hauptbauleiter Tim Grimme soll dadurch eine Beziehung zum wichtigsten Material im Innenbereich hergestellt werden: dem Holz. Der Architekt nennt landwirtschaftliche Scheunen und Ställe als Einflussquellen auf die Wahl der Verkleidung. Von Anfang an waren sich Grimme und sein Kunde einig, dass für dieses Projekt weder innen noch außen teure Materialien verwenden sollten. Stattdessen sollte das Gebäude sich in die ländliche Umgebung einfügen und gleichzeitig einen zeitgenössischen und individuellen Charme verströmen. 

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Die Fassaden bestehen aus vergleichsweise großen VELFAC 200 Fenstern, die für mehr Tageslicht und einen besseren Ausblick sorgen. Die doppelt verglasten Fenstereinheiten öffnen sich in ihrer ganzen Größe nach außen, und beeinträchtigen damit nicht die Geräumigkeit im Inneren. Fassadenseitig sind die Aluminiumfenster in vorspringende schwarz lackierte Stahlrahmen eingelassen, die ein optisch sauberes Erscheinungsbild bieten. Dieses Detail arbeitet auf intelligente Weise mit den bestehenden Fensterrahmen. Auf Regenrinnen und Fallrohre  wurde zugunsten einer schlanken, homogenisierten Ästhetik verzichtet.  

Im Inneren wurden die meisten Trennwände im Erdgeschoss entfernt, sodass ein offener Wohnbereich mit Küche, Esszimmer, Wohnzimmer und Arbeitsbereich entstand. In der Mitte des Grundrisses befindet sich eine rechteckige, in ganzer Höhe verlaufende Steigleitung, die mit poliertem Stahl verkleidet ist. Sie wirkt wie ein Spiegel und lässt den umgebenden Wohnraum größer und geräumiger erscheinen.

Von den Außenwänden wurde der Putz entfernt, um den ursprünglichen Holzrahmen und das grob ausgefüllte Mauerwerk freizulegen. Diese Elemente wurden hellgrau lackiert. Ursprünglich bevorzugte der Kunde weiße Wände. Doch schließlich kam man zu der Überzeugung, dass die durch unebene Oberflächen, Holzfugen und rissiges Mauerwerk verursachten Schatten eine unruhige und ablenkende Ästhetik schaffen würden. Die für die Wände gewählte graue Farbe soll den historischen Baustoff ergänzen und gleichzeitig für ein modernes und abstraktes Erscheinungsbild sorgen. Darüber hinaus ändert sich der Farbton je nach Tageszeit und Sonneneinstrahlung auf subtile Weise – von Blau über Rot zu Silber – und gestaltet so eine weitere Kommunikation mit der Oberfläche.

Im Gegensatz zu den rauen, gestrichenen Wänden stehen ein polierter Betonestrich (mit Fußbodenheizung) und eine neue Treppe aus geöltem Buchenholz. Die doppelte Höhe des Eingangsbereiches ist mit offenen Regalen für Bücher und mit Schränken für Garderobe ausgekleidet. Im Obergeschoss wurden die vorhandenen Bodenbeläge aus Teppich und Linoleum entfernt, um die ursprünglichen Fichtenholzdielen freizulegen. Die Wände, die das Schlafzimmer von Badezimmer und Arbeitszimmer trennen, sind aus weiß gestrichenem Gips. Das Schlafzimmer befindet sich unter dem steilen Dach und verfügt über ein großes, bodentiefes Fenster, durch das man den Blick auf die Bäume und die Landschaft genießen kann. Das Badezimmer ist einfach und funktional gestaltet und besteht aus weißen Sanitärelementen, einer aus grauem Mosaik bestehenden Dusche und einem großen Spiegel mit integrierten Downlights.

Die Sorgfalt und Liebe zum Detail, die bei diesem kleinen Hausprojekt aufgewendet wurden, sind typisch für den Designansatz des Architekten. Das Projekt zeigt auch, welches Potenzial selbst die alltäglichsten Gebäudetypen für eine Wiederverwendung und Neuerfindung in sich tragen. Am besten zeigt sich dies an der Fassade im Industrial-Style, die geschickt das Ländliche mit der Moderne in Einklang bringt und gleichzeitig einen Kontrast zum Inneren bildet.

 

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Fakten:

Objekte/Standorte:

Einfamilienhaus B11, Göttingen

Produkt:

VELFAC 200 Energy

Architekt:

K17 Steingräber Architekten

Bauherr:

Privat

Auszeichnung:

„Die schönste Modernisierung“, SCHÖNER WOHNUNG, 2018

Fotograf:

Sabine Bungert/Erich Sidler

Themen: Referenzen, Neubau, Design und ästhetik, Energiefenster

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